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Der letzte Weynfeldt

Eine Kritik muss sich Martin Suter auf jeden Fall gefallen lassen: Seine Charaktere Adrian Weynfeldt und Johann Friedrich von Allmen sind zwei Variationen derselben Idee. Beide alleinstehende Herren in ihren besten Jahren, beide haben sich durch ihr Interesse an der Kunstwelt beruflich darin verstrickt. Beide ohne eigenen Verdienst wohlhabend, beide haben einen Schneider ihres Vertrauens, der ihnen die Maßanzüge näht. Beide haben ein paar Marotten und Allüren im oberen Preissegment. Um diese zu befriedigen, haben beide Haushälter, die ihre Aufgaben trotz starken Charakters hingebungsvoll und geduldig erledigen.

Übel nehmen kann man das Suter natürlich nicht. Die Formel funktioniert. Mir - ich scheine zumindest in manchen Bereichen in die Zielgruppe zu passen - gefällt die Formel.

Man kann dieser Kritik wohl auch am besten Herr werden, indem man die beiden Charaktere zusammenwirft und dann ihre Unterschiede herausarbeitet. Ich nehme an, das ist einer der Gründe, warum Suter letztes Jahr Allmen und Herr Weynfeldt veröffentlicht hat. Speziell als Vorbereitung auf diese Lektüre habe ich mir nämlich erst diesen knapp 20 Jahre alten Roman auf Cluburlaub in die Türkei mitgenommen. Gehalten hat er nur bis Mittwoch. Einen Suter-Roman kann man dann eben doch immer nur ganz schwer beiseitelegen.

So schön und spannend die Handlung konstruiert ist, so enttäuschend ist das Ende. Schon bevor sich die Handlung aufzulösen begann, habe ich das Grauen befürchtet, das mir bevorstand. Das war begründet, Weynfeldt hat mich Ende vor den Kopf gestoßen. Die suizidale Flüchtigkeitsbekanntschaft, deren einzige Qualität ist, dass sie seiner verstorbenen Ex-Freundin ähnlich schaut, begeht mehrere Fälle schweren Betrugs an ihm, beutet ihn finanziell und emotional aus, belügt und betrügt ihn nach allen Regeln der Kunst, sucht aktiv nach immer neuen Ideen, wie sie ihn weiter ausnutzen kann. Doch Weynfeldt kommt dahinter, der Betrug wird aufgedeckt. “Gerechtigkeit”, hofft man als Leser. Doch dann richtet eine halbseitige, hysterische Beichte alles. Vergeben und vergessen. So mündet das Liebesinteresse zwischen der geistig instabilen Verbrecherin und dem großzügigen, wohlhabenden Mäzenen mit makellosen Manieren in der unabwendbaren Tragödie eines “Happy Ends”. Wie frustrierend.