Ich empfehle stets mit einem Stift in der hand zu lesen und kurze Hinweise darauf, was wichtig oder nützlich ist in ein kleines Buch einzutragen;
Viel, oft und lange. Das wäre die kurze Antwort.
Auf Papier gedruckt. Das
wäre die pragmatische Antwort.
In der Buchhandlung anstatt auf Amazon
gekauft, das wäre die idealistische Antwort.
Ein zielloser Nichtsnutz verirrt sich in Thomas Glavinics Roman “Wie man leben soll” in der Welt. Er weiß nicht so recht, wohin mit ihm. Ähnlich geht es mir beim Lesen. Ich weiß, es muss sein, aber wie stelle ich es am besten an?
Ich bin in einer denkbar schlechten Position, Ratschläge zum Lesen zu geben. Nach allen Metriken bin ich ein langsamer, unaufmerksamer Leser. Lange Zeit hielt ich Leute, die Dinge sagten wie “das Buch ist besser als der Film” für pretenziöse Schnösel auf der verzweifelten Suche nach Anerkennung. “Lesen ist Abenteuer im Kopf”, den Spruch, der auf einem Poster in unserer Schulbibliothek stand, belächelte ich mit der ungerechtfertigen Süffisanz eines pubertären Klugscheißers. Bis in meine späten Zwanziger, war das meine Einstellung zum Lesen.
Ich lag falsch. Das Poster hatte recht. Manchmal ist das Buch tatsächlich besser als der Film.
Als Teil der ersten Generation, die mit den “neuen Medien” aufgewachsen ist, hat bei mir erst mit der Realisierung, dass so ziemlich alle Versprechen, eben jenen “neuen” Medien bekommen haben, gebrochen wurden, das Umdenken eingesetzt. War ich stets mit den ersten Ergebnissen einer Internetsuche zufrieden, musste ich feststellen, dass diese oft nicht die ganze Wahrheit waren, manchmal nicht einmal die halbe, manchmal unglückliche Fehler, manchmal rotzfreche Lügen.
Habe ich nach der Schule noch geglaubt, dass mir Facebook dabei helfen wird, mit meinen Schulkollegen in Kontakt zu bleiben, so musste ich erkennen, dass es mir nur dabei hilft, mich mit Fremden über den Ausbau der Radwege, die Allokation öffentlicher Mittel oder die Existenzberechtigung veganer Fleischersatzprodukte zu streiten.
Wir haben große Eile, einen magnetischen Telegraphen von Maine nach Texas zu bauen; aber Maine und Texas, könnte sich herausstellen, haben sich gar nichts zu sagen...
Auf Instagram - so lautete einst das Versprechen - kann ich faszinierende Künstler und Fotographen finden und ihrer Arbeit folgen. Es stellt sich heraus, dass es lediglich eine Falle ist, die zuschnappt und meine Aufmerksamkeit, zu fesseln versucht, sobald sie hineinfällt.
“Die Form bestimmt die Art des Inhalts”, schrieb Neal Postman schon in seiner heute fast prophetisch wirkenden Auseinandersetzung mit der Fernsehen “Amusing Ourselves To Death” deutscher Titel: “Wir amüsieren uns zu Tode” im Jahr 1985. Im Jahr 2024 müssen wir ihm zugestehen, dass sich diese Erkenntnis auch in Zeiten der TikToks, YouTube Shorts und Instagram Reels bewahrheitet.
Theoretisch wäre es vielleicht möglich in zwei Stunden TikTok dieselbe Information von der selben Qualität zu erhalten, als hätte man die zwei Stunden lesend verbracht, aber in der Realität wird man(n) immer bei einem besonders runden und gekonnt geschüttelten Gluteus Maximus wissenschaftlich: Arsch hängen bleiben.
Wenn die Form die Art des Inhalts bestimmt - daran gibt es nichts zu rütteln - dann bestimmt das Buch den besten Inhalt.