But time's a river, Locke, and we've always drifted farther down it than we think.
The Lies of Locke Lamora
, 2006
Einem solchen Opus gerecht zu werden, ist schwer. Ganz gewiss hat es auch mein Lob gar nicht nötig, schließlich erfreut es sich weltweit größter Beliebtheit. Zu Recht. Vor allem ob seines opulenten “World Buildings” Wie die Welt, in der eine fantastische Geschichte spielt, vom Autor aufgebaut und beschrieben wird. kann man im Netz viel Lob für diese Scott Lynch’s Erstlingstrilogie (dessen erster Part dieses Buch ist) finden. Die Geschichte spielt in einer vorindustriellen Welt mit latenten und überlegt platzierten übernatürlichen Elementen. Alchemie, der ein oder andere Fluch hier oder dort, vielleicht läuft einem einmal eine Kreatur über den Weg, die man noch nicht kennt, vielleicht findet man sich auf einmal an einem Ort wieder, der Magie bedarf, um existieren zu können.
In dieser Welt folgt man einem Waisen namens Locke Lamora. Dieser Junge, der Gefallen daran findet, zu stehlen und Unruhe zu stiften, wird von einem benevolenten Kriminellen zu einem Meister dieser Fächer herangezogen. Gemeinsam mit einer ganzen Bande an Lausbuben ähnlichen Schicksals erleichtert er die Nobilität in seiner Heimatstadt Camorr um große Teile ihres Vermögens. Nicht aus Gier, nicht getrieben durch irgendein Motiv, hehr oder düster, sondern aus der Freude am Stehlen und Täuschen selbst.
Das brachte mich als Leser oft in die unangenehme Lage, dass ich nicht wusste, ob ich diesem sympathischen Protagonisten den unmoralischen Erfolg oder das gerechte Scheitern wünschen soll. Ein absoluter Genuss zu lesen, wenn auch ein abschreckend langer. Den zweiten Teil, “Red Seas under Red Skies”, habe ich bereits in Arbeit.
Born a Crime
, 2016
Das ist eines der Bücher, die man entweder geschenkt bekommt, oder man borgt sie sich aus, von jemandem, der es geschenkt bekommen hat. Mir selbst wurde wahrscheinlich schon ein Dutzend Mal angeboten, es ausborgen zu können, aber dann ist es auch nicht so wichtig, dass man sich daran erinnern würde und irgendwie kommt es dann doch nie dazu.
So, und dann lag es da in der Buchhandlung einmal vor mir und dann habe ich es einfach gekauft. Gut so, denn das Buch ist eine Freude. Ich kann ehrlich behaupten, dass ich fast nichts von dem wusste, was mich dieses Buch über Apartheid gelehrt hat und trotz dieses sinistren Bühnenbildes, vor dem die Geschichte erzählt wird, schafft Trevor Noah es so humorvoll und fröhlich zu bleiben, dass ich beim Lesen zweimal laut herauslachen musste.
Homo Digitalis
, 2023
Lang ist es nicht, aber meine Güte, ist es vollgestopft mit Wahrheiten. Es ist eine Beschreibung von uns selbst, den Menschen des dritten Jahrtausends, die sich nicht so recht entscheiden können, ob ihre Beziehung zu ihrem Handy schon krankhaft ist und sie es weglegen sollten, oder ob sie sich nicht vielleicht doch eine VR/AR-Brille Virtuelle Realität bzw. Augmentierte Realität kaufen sollten, um nicht auf der Strecke zu bleiben.
Ralf Hanselle referenziert Heideggers In-der-Welt-Sein als “unumstößliche Seinserfahrung” und setzt sie in krassen Kontrast zum Gefühl des “dumpfen Nicht-mehr-Dasein”, das einen gewichtigen Teil der Digital Natives Menschen, die bereits in der digitalen Welt aufgewachsen sind und die analoge nie kennengelernt haben zu bedrücken scheint. Ohne in der Welt zu sein, nur im Netz zu leben, das reicht uns nicht. René Descartes’ “cartesianische[n] Dualismus, nach dem das Denken (res cogitans) losgelöst sein könne vom Körper (res extensa)” erklärt er folgerichtig für falsch und zeichnet einen düsteren Ausblick in die Zukunft.
Unsere Seelen sind müde, und die Körper wie tot.
Dieses Büchlein hat mich außerdem zum ersten Mal auf die Arbeit des koreadeutschen Philosophen Byung-Chul Han aufmerksam gemacht, dessen Werk sich wohl noch eingehender mit dieser Thematik befasst. Ein Faden, dem ich bestimmt weiter folgen werde.